Wie ich lernte, meine Schwächen zu akzeptieren

Selbstakzeptanz lässt sich für mich in verschiedene Bereiche unterteilen. Es gibt die Akzeptanz für den eigenen Körper, die für den Charakter und die für die Stärken und Schwächen. In diesem Post soll es vor allem um den letzten Punkt gehen, wobei der sich mit dem Charakter überschneidet.
Wahrscheinlich legt es uns Menschen in den Genen, dass wir uns immer mit anderen vergleichen und dabei meist nur die guten Dinge an anderen und die schlechten an uns selbst sehen. Zumindest geht es mir immer wieder so. Dabei meine ich nicht nur Äußerlichkeiten, wie die Figur, die Augen oder die Haare, sondern auch Stärken und Charaktereigenschaften. In diesem Post will ich Dir erzählen wie ich damit umgehe. Jedoch muss ich hierfür etwas weiter ausholen.

Ich habe 2016 mein Abitur gemacht und wie alle habe ich mir im Vorfeld viele Gedanken darum gemacht, was ich für einen Weg einschlagen soll. Soll ich studieren oder ist doch eine Ausbildung das Richtige für mich? Und in welche Richtung soll es gehen? Meine Leistungskurse waren Chemie und PoWi (Politik und Wirtschaft). Es stellte sich heraus, dass ich in Chemie nicht ganz so viel Erfolg hatte wie erhofft. Dennoch war mein Interesse an Naturwissenschaften weiterhin sehr groß. Ich traf damals die Entscheidung, ein Bachelor-Studium in Biologie zu machen. Diese Entscheidung wurde von meinem Umfeld akzeptiert, jedoch gab es keine Reaktion a la "Wow, das passt ja total zu dir!". Stattdessen kamen oft Fragen wie "Und was möchtest du dann mit dem Studium machen?" oder "Wie kommst du auf diese Idee?".

Dennoch ließ ich mich nicht verunsichern. Ich begann mein Studium und hatte auch Spaß dabei. Allerdings stellte ich schnell fest, dass mir das Studium schwer fiel. Ich fing an, mich mit Kommilitonen und Kommilitoninnen zu vergleichen. Wie viel lernen die anderen und wie viel lerne ich? Irgendwann stellte ich fest, dass ich mehr lernen musste als meine Freunde, um vergleichbare Leistungen zu erzielen. Doch ich schaffte es einfach nicht. Ich fiel durch eine Klausur nach der nächsten und bestand nur wenige und dann auch nicht gut. Irgendwann kamen Fragen von meinen Eltern, ob ich denn mein Studium weiter machen möchte. Das wollte ich! Jedoch fiel es mir immer schwerer, mich zum Lernen zu motivieren.

Nach und nach stellte ich dann doch fest, warum ich das Studium eigentlich wirklich weitermachen wollte: nicht, weil mir mein Studium so gut gefallen hätte, sondern weil ich nicht als Versagerin da stehen wollte. Ich hatte eine riesige Angst, zu versagen, mein Studium abzubrechen. Ich hatte Angst vor den Reaktionen meiner Freunde und meiner Familie, wenn ich ihnen sagen würde, dass ich mein Studium aufgeben wollte. Ich behielt also meine Sorgen für mich, wurde immer gestresster und hatte immer wieder Heulattacken. Auch gesundheitlich ging es mir nicht gut. Ich war fast jeden Monat mindestens einmal krank und das über zwei Semester. Vermutlich kam das von dem ganzen Stress, den ich hatte.

Im Januar fasste ich den Entschluss: ich hör auf! Ich suchte das Gespräch mit meinen Eltern, vor dem ich so Angst hatte. Doch sie reagierten entspannt und begegneten mir mit Verständnis. Zu dem Zeitpunkt war ich im dritten Semester. Ich wollte das vierte Semester noch weiter studieren, damit ich keine Lücke in meinem Lebenslauf habe und damit ich mir die Option offen halten konnte, mein Studium doch noch zu absolvieren. Doch der Stress legte sich nicht. Ich wurde wieder krank und war mit den Nerven am Ende. Ich fasste dadurch den Entschluss, doch bereits nach dem dritten Semester aufzuhören. 

Die Angst, meine Zeit verschwendet zu haben, wenn ich das Studium abbrach, legte sich und ich stellte meine Gesundheit vorne an. All die Zeit hatte ich Angst schwach zu wirken, wenn ich aufgeben würde. Heute weiß ich: a) es ist egal was andere denken! Das war eine Entscheidung, die allein mich betraf und in die sich keiner einzumischen hatte. Und b) die Entscheidung, mein Studium abzubrechen, hat nichts mit Schwäche zu tun. Ganz im Gegenteil! Ich sehe es als Stärke, den Entschluss gefasst zu haben. Ich habe eingesehen, dass Biologie mir nicht gut liegt und dass es total normal ist, dass jeder hat seine Stärken und Schwächen hat. Manche sind gut in Naturwissenschaften, manche eben nicht. Vielleicht liegen ihnen dafür aber Geisteswissenschaften, womit die Naturwissenschaftler nicht viel anfangen können. Richtig stark ist es, seine Schwächen zu kennen und sie zu akzeptieren, denn wir können nicht perfekt sein. Das wäre ja sonst langweilig!

Ich habe jetzt im Oktober begonnen, Lehramt zu studieren, und das macht mir wirklich Spaß! Ich bin sehr optimistisch, dass ich jetzt das richtige für mich gefunden habe. 

Also verzweifel nicht, wenn Du mal nicht weiter kommst, wenn Dir alles zu viel wird und Du nicht weiter weißt! Bleib einmal stehen, atme tief durch und frage Dich, was genau Dich stört und was Dich davon abhält, glücklich zu sein. Akzeptiere Deine Schwächen, denn sie gehören genauso wie Deine Stärken zu Dir. Habe keine Angst, zur Not auch mal die Reißleine zu ziehen, denn egal wie viel Zeit Du investiert hast, sie ist nicht verschwendet!

Kommentare

  1. Sehr richtig. Ich hab auch lange gebraucht, um meine Ausbildung abzubrechen. Ich wusste schon früh, dass ich dort nicht glücklich werde und hab mich trotzdem nicht getraut, auch die "verschwendete" Zeit hatte ich immer im Hinterkopf. Dabei ging es mir gesundheitlich immer schlechter, ich konnte gar nicht mehr essen. Dann hab ich ganz spontan gekündigt, ohne es jemandem vorher zu sagen und jetzt bin ich glücklich mit meinem Studium. Bei meinem NF muss ich noch schauen, aber wir haben heute das Glück, dass wir so viel ausprobieren können, um das Richtige zu finden und das sollten wir nutzen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Problem mit der Braunkohle

Über die "Schlampenlogik" und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen

Wie ernähre ich mich und wie passt das eigentlich zu meinen Werten?